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Krautreporter: Ich bin raus.

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Die Startseite der Krautreporter (Screenshot: Frank Krause / Krautreporter)Eines steht fest: Der Online-Journalismus braucht Veränderung. Über viele Jahre wurden die Nutzer an kostenlose Inhalte gewöhnt. Dass sich diese auf Dauer, und in einem immer größeren Konkurrenzumfeld, nicht allein durch Werbung finanzieren lassen, scheint absehbar. Wie nun aber genau damit umgegangen werden soll, darüber wird viel diskutiert. Einer von vielen Lösungsansätzen sind die Krautreporter. Einer, der für mich nicht funktioniert hat.

Der Online-Journalismus ist kaputt

Mit viel Pathos wollten vor über einem Jahr 25 namenhafte Journalisten den „kaputtenOnline-Journalismus retten. Mir persönlich war das etwas zu viel, aber da darunter ein gleich mehrere Journalisten waren, deren Arbeit ich schon seit vielen Jahren sehr schätze, entschied ich mich – spät, aber ich entschied mich – das Projekt mit 60 Euro zu unterstützen. Ein fairer Preis, wenn man bedenkt dafür über ein Jahr hochwertigen, tiefgreifenden Journalismus serviert zu bekommen. Keine schnell zusammengeklickten Top-10-Listen, keine von der dpa übernommenen Newsartikel und keine langweilige Hofberichterstattung.

Große Erwartungen

Die Erwartungen waren von vornherein ziemlich hoch – nicht ganz grundlos. Um so enttäuschter war ich dann im Oktober 2014. Die Seite sah ganz nett aus, aber lud auf dem Smartphone ewig und auch am PC war sie eher träge.

Die letzten sechs Artikel, Stand 24.09.2015 (Screenshot: Frank Krause / Krautreporter)

Die letzten sechs Artikel, Stand 24.09.2015 (Screenshot: Frank Krause / Krautreporter)

Doch es soll ja um die Inhalte gehen: Gefühlt war in der Anfangszeit jeder zweite Artikel eine Abschrift von Tilo Jungs Interviewformat Jung & Naiv. Und auch sonst sprachen mich viele Themen einfach nicht an, die Texte waren dafür oft auch viel zu Lang, selbst wenn ich mich hätte einlesen wollen, und meine drei Favoriten Richard Gutjahr, Peer Schader und Stefan Niggemeier meldeten sich mit Themen aus Medien, Handel und dem Netz für mich viel, viel zu selten. Mittlerweile schreibt nur noch Peer für die Krautreporter.

Dabei gab es auch ein paar echt gute Ideen. Die Morgenpost etwa, ein Newsletter, der auf die Themen des Tages vorbereitet, die Möglichkeit sich Artikel vorlesen zu lassen oder von einen zum anderen Artikel einfach weiter zum nächsten zu scrollen.

Meine aktuelle Entscheidung beruht viel mehr auf andere Faktoren. Etwa die Kritikunfähigkeit, die man sich bis heute nicht wirklich abgewöhnt hat. Aber eben vor allem die für mich oft uninteressanten und viel zu langen Artikel, bei denen auch nie klar war, ob demnächst, oder erst in drei Monaten, wieder ein Thema kommt, in das ich mich vertiefen möchte. Oder wie Stefan Niggemeier es formulierte: Es fehlte die „redaktionelle Idee„. Das sieht man vor allem aktuell, wo gleich mehrere Tage aufeinander fast nur die Wochen- und Morgenpost in Artikelform erschienen sind (siehe Screenshot).
Die versprochene Interaktion und Mitbestimmung sei geschenkt. Wirklich viele Mails bekam ich erst, als es um die zweite Finanzierungsrunde ging. Ganze acht Mails zähle ich dazu aktuell in meinem Postfach. Im Vergleich zu zwei Einladungen für Mitglieder-Treffen und einer Umfrage zur Mitbestimmung. Einen Grund mich auf der Seite einzuloggen hatte ich quasi nie und meine Abmeldung von der Morgenpost wurde nicht so recht ernst genommen und ich ein paar Wochen später einfach noch einmal für den Newsletter eingetragen.

Next: Es hat nicht gefunkt

So richtig gefunkt hat es zwischen mir und den Krautreportern wahrlich nicht. Das ist nicht schlimm. Es war ein Versuch, ein mutiger Versuch. Aber so funktioniert das mit uns beiden leider nicht. Dass jetzt wohl auch alle von mir mitfinanzierten Artikel hinter der Paywall verschwinden? Nunja. Dass etwa 12.000 (von etwas mehr als 15.000) Gründungsmitgliedern jetzt denselben Schritt wagen, sollte allerdings zum Nachdenken anregen.

Doch die Krautreporter haben gezeigt, dass auch Internetnutzer mit der richtigen Motivation bereit sind Geld für guten Journalismus auszugeben. Und auch andere Anbieter, wie Golem.de, LaterPay oder die taz zeigen, dass es immer wieder neue Ideen gibt auf die Leser zuzugehen ohne gleich alles hinter einer Paywall zu verstecken. Was am Ende wirklich auf breite Akzeptanz stößt oder gar noch einmal so eine Welle wie die Krautreporter auslöst, bleibt abzuwarten. Aber ich bin bereit – und gespannt.


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